Sensorische Integration (SI) gehört zur normalen Entwicklung. Es ist ein anderes Wort für Wahrnehmungsverarbeitung. Es ist die Verbindung und Verarbeitung von Berührungen, Bewegungen, Körperhaltung, Riechen, Schmecken, Tasten, Hören und Sehen.

Alle über das Sinnessystem aufgenommenen Informationen werden integriert. Das bedeutet, sie werden ins Nervensystem weitergeleitet, dort verarbeitet und gedeutet, sodass sie in sinnvolle, der jeweiligen Situation angemessene Handlungen umgesetzt werden können.

Sensorische Integration ist ein anderes Wort für Wahrnehmungsverarbeitung.

Sensorische Integration beginnt bereits im Mutterleib und entwickelt sich im frühen Kindesalter besonders rasch. Das ist von großer Bedeutung, da in dieser Zeit die Grundstrukturen für alle weiteren Vernetzungen der Sinnessysteme gelegt werden. Der Prozess der SI setzt sich mit abnehmender Intensität lebenslang fort. Die Vernetzung der Sinneseindrücke, die über Haut, Muskeln, Vestibularorgan, Nase, Zunge, Hände, Ohren und Augen aufgenommen werden, bilden die Basis für den Erwerb von Bewegung, Handlungsfähigkeit, Sprache, Interaktion und Lernen.

Woher kommt die SI-Therapie

Dr. A. Jean Ayres (1920-1988), eine amerikanische Ergotherapeutin und Psychologin aus Los Angeles, war Begründerin des Konzepts. Sie hat in den 70’er Jahren in einem Forschungsprojekt mit anderen Wissenschaftlern die Ursachen von Lernstörungen bei Kindern untersucht. Die Ergebnisse zeigten eine Häufung von Verarbeitungsstörungen der Sinneswahrnehmungen bei einem großen Teil von Kindern mit den verschiedensten Lernproblemen. Zur Diagnose und Überprüfung entwickelte sie mehrere Testverfahren.

Welche Indikationen für die Anwendung des Konzepts der SI gibt es?

Schon gleich nach der Geburt können sich manche Kinder nicht mit ihrem neuen Umfeld anfreunden und reagieren abwehrend oder mit Unbehagen auf ganz normale Alltagshandlungen.

  • sie mögen nicht berührt und bewegt werden
  • sie lassen sich schwer beruhigen
  • sie mögen sich nicht richtig anschmiegen
  • sie machen sich steif
  • auch das Stillen kann für Mutter und Kind zum Problem werden

Weitere Hinweise auf eine Störung der sensorischen Integration:

  • Entwicklungsverzögerung
  • Entwicklungsdiskrepanzen
  • Schlaf- und Anpassungsstörungen
  • Auffälligkeiten bei/ Verweigerung der Nahrungsaufnahme
  • Essprobleme
  • Sprachprobleme
  • Aufmerksamkeitsdefizite
  • Attention Deficit Syndrome (ADS) mit Hyperaktivität
  • Lernprobleme
  • Kommunikationsprobleme
  • Agressivität und Regression
  • psychosomatische Probleme

Wie gestaltet sich die SI-Therapie und wie wirkt sie?

Der Behandlung geht eine differenzierte Befunderhebung voraus. Sie beginnt mit einer ausführlichen Befragung zur bisherigen sensomotorischen Entwicklung und zur Reaktion auf Sinnesreize. Daraufhin folgen strukturierte und gezielte Beobachtungen. Ergänzend können für die Differentialdiagnostik auch andere Wahrnehmungsentwicklungstests verwendet werden.

  • DTVP II
  • MOT
  • Malzeichentest

Aus der Befragung, Beobachtung und den Ergebnissen der Tests ergibt sich der Befund, der Stärken und Schwächen der sensorischen Verarbeitung aufzeigt. Gemeinsam mit den Kindern und den Eltern wird daraus ein konkret anzustrebendes Behandlungsziel zur Verbesserung der sensorisch integrativen Funktion fomuliert. Die Therapie nutzt die Plastizität des Nervensystems und den inneren Antrieb des Patienten. Entsprechend dem Befund werden dem Patienten sensorische Angebote gemacht, die im Rahmen seines Leistungsniveaus eine Herausforderung darstellen, motorische Aktivitäten zu entwickeln. Diese haben immer einen inneren Bezug zum Kind und sind handlungsorientiert. Sie werden in Art und Dosierung ständig kontrolliert und der Reaktion des Kindes angepasst. Der Therapeut nutzt dabei sein spezielles Wissen über die Wirkung der Sinne aufeinander.

Für welches Alter ist die SI-Therapie geeignet?

Je jünger der Mensch ist, desto plastischer und formbarer ist sein Nervensystem und sein Gehirn. Deshalb ist dieses Therapiekonzept in den ersten Lebensjahren besonders effektiv. Wenn Störungen erst später behandelt oder die daraus resultierenden Probleme erst im weiteren Verlauf deutlich werden, kann die Therapie zwar auch effektiv sein, jedoch länger dauern. Je länger die Störung unbehandelt bleibt, desto eher werden sie von Vermeidung, Kompensation und Fehlverhalten überlagert. Das erschwert die Diagnostik und kann den therapeutischen Prozess verlängern.

Auch bei Jugendlichen und Erwachsenen können sensorisch integrative Dysfunktionen erfolgreich behandelt werden.

Wer kann bei derartigen Problemen helfen und führt die SI-Therapie durch?

Bei solchen Entwicklungsproblemen hilft Ergotherapie, die in Praxen, interdisziplinären Frühfördereinrichtungen, sozialpädiatrischen Zentren oder Kliniken angeboten wird. Bei zentralen Wahrnehmungsstörungen ist die sensorische Integrationstherapie im Rahmen der ergotherapeutischen „sensomotorisch-perzeptiven Behandlung“ am besten geeignet, dem Kind grundlegend, ganzheitlich und schnell zu helfen. Suchen Sie sich eine Therapeutin, die auf sensomotorische Integrationstherapie spezialisiert ist. In aller Regel weiß ihr Arzt/Ärztin, wo sie diese Therapieform und die entsprechende Beratung bekommen.

Text: ARZ